Off Beat Magazin April/Mai 2021

Off Beat Magazin April/Mai 2021
Selten stehen Bühnenbild, Libretto und der Weg der Musik zum Ohr des Hörers so im Einklang mit dem Thema wie bei „Rekonstruktion 5.0“. „Con tempo“, der Frankfurter Kulturverein für zeitgenössische Musik, übertrug das Kammerstück des Schlagzeugers und Komponisten Udo Diegelmann zwischen dem 27. Februar und dem 2. März in vier Aufführungen via Livestream aus dem Gallustheater. Das „con tempo ensemble 2020“ spielte die „Reminiszenz an den Beginn der Coronazeit in 5 Sätzen und 5 Szenen von März bis April 2020“. Neben dem musikalischen Leiter Diegelmann führte Ulrich Cyran Regie . Für „Rekonstruktion 5.0“ verlieh die Hessische Kulturstiftung dem Frankfurter Komponisten 2021 ein Stipendium. 

Die Szenerie: Eine Frau und ein Mann sitzen in Jogginganzug und Pyjama auf Stühlen, darunter liegt ein Teppich aus. Hinter dem Paar spielen die beiden Schlagzeuger und die Pianistin: „Auf der ganzen Welt macht alles dicht, und jeder Mensch bleibt zu Hause. Nur lebenserhaltende Mechanismen bleiben aufrecht erhalten.“ 

Jeder, der hin und wieder die Tagesschau und Talkshows sieht, hörte die Sätze unzählige Male. Diegelmann komponierte nicht nur das einstündige Werk für Sopran, Bariton, Marimbaphon, Pauke und Klavier, er schrieb auch das Libretto. Was in den Monaten an Sprachschablonen über den Bildschirm flutete, verdichtete Diegelmann durch Sätze wie, „wir werden mit Corona leben müssen“, und dem Staccato von „Klopapier – ist aus“, „Händedesinfektionmittel“ oder „Veranstaltung – ist abgesagt“ zu absurdem Musiktheater. Diegelmann bedient sich Begriffsadditionen, die im kollektiven Gedächtnis haften bleiben dürften. 

Der Komponist, der selbst das Marimbaphon spielte, kolorierte die Texte mit Elementen der Minimalmusik. Durch die redundanten Verschiebungen von Taktwechseln erschaffen die Melodien eine Atmosphäre von Schlafanzug, Stillstand und Floskel, „wir sollten in Kontakt bleiben“. 

Zäsuren setzen die Zitate des indischen Philosophen Jiddu Krishnamurti, die Blicke ins eigene Selbst. Ein Rezept des Entrinnens kann niemand mischen: „Die Wahrheit ist ein Land ohne vorgegebene Wege.“ In der Malaise liegt auch die Schönheit, von der die 'Ich-Stimme' spricht: „Wenn ich mit dem Fahrrad abends durch Frankfurt fahre und es ist Lockdown, dann atme ich frei durch.“ Die Klänge schweben an den Stellen. 

In der Kultur herrscht Depression. Als fix gilt: „Neun Milliarden Euro, um die Lufthansa-Solvenz zu sichern.“ Ansonsten: „Konzerte?- winkt ab. Gruppenunterricht? – winkt ab.“ Die Konsequenz für Künstler: „Die Verantwortlichkeit liegt immer noch bei jedem Einzelnen.“ 

Das Publikum vor den Laptops konnte sich über Top-Musiker freuen. An den 5 Solo-Pauken saß Josef Schweng. Neben dem 5-Oktaven-Solo-Marimbaphon-Part übernahm Udo Diegelmann Sprechpassagen. Gemeinsam mit Annette Schneider am Klavier entstand ein Trio der rhythmischen Präzision und klanglichen Differenziertheit. In puncto Schauspiel und Gesang glänzten der Bariton Eric Lenke und die stimmgewaltige Sopranistin Florentine Schumacher, die klangschön und mit unbestechlicher Intonation nuanciert durch die Höhen tanzte. Für eine professionelle, bestens funktionierende Übertragung des Konzerts sorgten Julian Schmelzle an der Kamera und Robin Günther, verantwortlich für den Ton. 

Wehmütig wirken im späteren Verlauf des Stücks die jazzigen Passagen. Vor dem inneren Augen entwickeln sich Bilder wie nachts um zwei nicht mehr ganz nüchtern an der Bar zu stehen, wenn so langsam die Erkenntnis dämmert, 'du gehst heute doch alleine heim'. Die Reminiszenz an Frustrationen der Vergangenheit verwandelt die Gegenwart in Utopien. 

 

Stefan Mangold 

Niddabote, 07. November 2017

Französische Träume

Niddatal-Bönstadt. Eine ganze Kollektion von Klarinetten, ein Flügel und zwei Wagenladungen mit Schlagzeuginstrumenten, dazu fünf Musiker und eine Sprecherin – das war die Grundlage für einen Nachmittag voller Klangkaskaden, Rhythmen, Tänze, Poesie, fantastischer Traumreisen. Im Mittelpunkt stand eine Uraufführung, die eigenwillig-träumerische und immer wieder mitreißende Textund Musikkomposition »Die Hochzeit des Orpheus« des Franzosen Anthony Girard: Orpheus, begegnet in seiner Traumwelt Euridike als Urbild von Schönheit und Freude. Mit Gesang, Tanz und Liebe schaffen sie sich ihre Welt und zeugen Kinder namens Mysterium und Wahrheit, die sich beide harmonisch ergänzen

Lebhafte Tänze 

Biss und Verführung der Schlange am Baum der Erkenntnis bringen Bewegung in das Traumparadies, Masken fallen und geben den Blick frei auf die illusionäre Realität der Traumwelt. Es bleibt die offene Frage, wie auch in einer Welt fallender Masken, aufgedeckter Illusionen und entzauberter Mysterien Lebensfreude, Glück und Anmut gerettet werden können. Die Musik begleitete, interpretierte und kontrastierte die eindringlich vorgetragenen Texte – ebenso wie bei den anderen perfekt zusammengestellten Text und Musikarrangements. Aus Anlass des Ehrengastes Frankreich auf der Buchmesse hatte das Ensemble Texte von sechs französischen Schriftstellern und Schriftstellerinnen zusammengestellt, darunter so bekannten wie Charles Baudelaire und Albert Camus. Auch die dazu kombinierten Musikstücke stammten aus Frankreich: Zärtliche, traumhafte Impressionen, sensible musikalische Erzählungen, nachdrücklich-herausfordernde

Impulse, lebhafte Tänze und spielerisch-aufreizende und herumwirbelnde Rhythmen und Klangüberraschungen. Birgitta Assheuer, Sprecherin beim Hessischen Rundfunk, trug mit den einfühlsam und nachdrücklich vorgetragenen Texten entscheidend dazu bei, aus Texten, Klängen und Rhythmen ein Gesamtkunstwerk zu formen. Aus Frankreich angereist war der

Klarinettist Thierry Mussotte vom Orchestre National de Lyon, der seine in bescheidener Zurückhaltung daherkommende Professionalität, Ausdrucksstärke und Perfektion demonstrierte. Den Kern des Ensembles bildete das international bekannte Bärmann Trio mit Sven van der Kuip, Ulrich Büsing und John-Noel Attard. Deren langjährige Zusammenarbeit erklärt das perfekte Zusammenspiel, das nicht nur die Noten und zeitlichen Abläufe, sondern vor allem die Atmosphäre und die Klangfarben harmonisierte. Hinzu gesellte sich der Percussionist Udo Diegelmann. Souverän fügte er sein die ganze Kirchenfront ausfüllendes Schlagzeug in das musikalische Geschehen ein und demonstrierte vom zarten Windhauch und der gefühlsbetonten Traumwelt bis hin zu den ausgelassenen Tänzen die ungeheuer

ausdrucksstarke Bandbreite der Schlaginstrumente.

Off Beat-Magazin 2 /2015
NEUERSCHEINUNGEN

Udo Diegelmann
„Berimbau" für Marimbaphon

H&H Musikverlag, 2014
Der Frankfurter Schlagzeuger und Komponist Udo Diegelmann hat versucht die Charakteristik dieses nordostbrasilianischen Percussioninstrumentes, welches durch Capoeira bekannt wurde. Berimbau auf das Marimba zu übertragen. Diegelmann
empfiehlt, vor dem Stücke eine kleine improvisierte Berimbau Kadenz aufzuführen um den Bezug im Marimbastück zuverstärken. Inspiriert wurde die Komposition durch eine Begegnung mit dem brasilianischen Schlagzeuger und Komponisten Ney Rosauro im Jahre
2013. Das Stück benötigt ein 5-oktaviges Marimba, welches mit 4 Schlägeln gespielt wird. Der Beginn ist im 4/4 Takt und mit Tempo 66 noch ruhig. Diegelmann bringt ein Frage Antwort Pattern zwischen der linken und rechten Hand ins Spiel. Im zweiten Teil wird es im Tempo 92 etwas schneller. Die linke Hand spielt eine halbtaktige Ostinato Figur, die von der rechten Hand Rhythmisch ergänzt wird. Das Stück endet mit einem rubato, gefolgt von
einem a tempo fade out. Das Stück ist für fortgeschrittene Spieler geeignet.
Content: *** Produktion: ***
Michael Zöller
Video auf YouTube   Audio bei AppleMusic  Noten bei MusicScores

Gallustheater

Begrüßung (am 7. 10. 2010):  

Nicola Beer 

Staatsekretärin für Europaangelegenheiten

Hessisches Ministerium der Justiz,

für Integration und Europa

 

Das wahre Buenos Aires (Musiktheater) wurde von Udo Diegelmann auf der Grundlage von Raul Argemis Verbrechergeschichte, Und der Engel spielt Dein Lied, entwickelt.

Die Leichtigkeit des Fussballs, die Sinnlichkeit und Erotik des Tangos treffen in diesem Musiktheater auf die Ernsthaftigkeit argentinischer Geschichte, zwischen Diktatur, Gewalt und Kriminalität.

Den Komponisten Udo Diegelmann und Andreas Boltz ist die Verpflichtung zum Experiment selbstverständlich. Der Leitgedanke in Argemis Erzählung, Gut und Böse zu verwischen, kein Happy End und somit keine moralische Erlösung zu liefern, findet hier in dem Collagieren von Texten, Kompositionen und Szenen sein musikalisch-dramatisches Pendant.

Über die Bearbeitungen traditioneller Tangos hinaus erstreckt sich das musikalische Spektrum zu Tango Nuevo Zitaten, Tango Mutationen zu zeitgenössischen individuellen Vertonungen. Neben collagierter Musik (im Konzept wird das Werk beider Komponisten nicht zeitlich getrennt) ist das verbindende Element dabei stets auch Argentinien, dessen Kultur und Bedeutung, die sich für uns äusserlich zunächst durch assoziative Klischees wie eben Tango, Diktatur und Fussball usw. darstellt. Diese Begriffe sind allerdings gleichzeitig Platzhalter einer inneren Welt, die sich auf einer Skala zwischen Sehnsucht, Geborgenheit und Schuld bewegt. Diegelmann, Boltz und Regiseur Rest knüpfen hier an und schaffen es, trotz aller Schwärze des Protagonisten El Negro, seiner tiefen Ernsthaftigkeit und Verzweiflung, das Augenzwinkern nicht zu vernachlässigen. 

Dabei fungiert das Trio der Sänger und Schauspieler sowohl als Erzähler, als Chor in rezitativischen Zwischenparts, unterstützt von einem geräuschintensiven, perkussiven Kickertisch als Bestandteil des Bühnenbildes, und gleichzeitig als Darsteller und Protagonisten.

Die Instrumentalisten und Sänger des Ensembles con tempo bringen viele dem Text innewohnende Dimensionen ans Licht: Träume, Wünsche, Vorstellungen, Erinnerungen, Gefühle und Erfahrungen El Negros werden auf der Bühne nicht nur hör -, sondern mit allen Sinnen erfahrbar. Insbesondere die Sprache, Stilistik und Form Argemis schreit förmlich nach einer Umsetzung in Melodie, Klang, Rhythmus, sowie, innerhalb der Inszenierung von Sebastian Rest in Farbe, Aktion und Bild.

Frankfurter Rundschau

vom Donnerstag, 16. Oktober 2008

Gastland Türkei

Palast des Ostens

Zwei unsterblich Verliebte, die im Diesseits nicht zueinander finden, sowie die Begegnung eines Hirten und eines Räubers: Das sind zwei der alten anatolischen Geschichten, die der Istanbuler Autor Murathan Mungan in seinem Buch "Palast des Ostens" zu einem Crossover  mit der Moderne umgeschrieben hat. Die beiden Komponisten Udo Diegelmann und Richard Wenzel haben sie zusammen mit Mungan und dem Ensemble "con tempo" nun in zeitgenössisches Musiktheater unter dem Titel "Die Schatten von Istanbul" verwandelt. Am heutigen Donnerstag wird Mungan selbst bei der Aufführung im Gallustheater anwesend sein. rut

Frankfurter Neue Presse vom 20.11.2007

Konzert verbindet Klassik und Elektronik

Neu-Isenburg. Konzentriert blickt Udo Diegelmann zu seinem konzertanten Partner — es ist ein moderner kleiner Kasten, im Volksmund auch Laptop genannt — dann setzt er den ersten Takt auf dem Marimbaphon. Die Taktfolgen des Musikvirtuosen werden immer variantenreicher, zwischendurch erklingt die Elektronik seines Spielpartners. Das Stück „Pentaphase für Marimbaphon und Elektronik“ komponierte Udo Diegelmann bereits im Jahre 1997, noch heute zählt es zu den Glanzstücken experimenteller Musik. Sie war einer der Höhepunkte des Sinfoniekonzertes in der Isenburger Hugenottenhalle. 

Dies soll jedoch die anderen Programmpunkte keineswegs schmälern. Bereits der Auftakt hatte furios begonnen. Die mit abwechslungsreichem Instrumentarium besetzte Sinfonie Es-Dur aus der Feder von Antonin Rejcha erforderte von allen Mitwirkenden besondere Konzentration auf.

Auch das Capricietto für vier Pauken, hier wieder mit dem renommierten Schlagzeuger Udo Diegelmann als Solisten, schien alle herauszufordern. Ganz präzis wurden die Paukenschläge gesetzt und ganz präzis folgte der restliche Klangkörper dem Dirigentenstab von Peter Halmi. Der Komponist Ottmar Gerster wäre wohl begeistert gewesen. 

Hammelburger Saale-Zeitung, 14.11.2006

Pure Freude am Experimentieren

Stadtkapelle begeisterte mit Uraufführung einer modern-humoresken Komposition

Von Doris Bauer


HAMMELBURG Rund 300 Zuhörer durften im Rahmen des Herbstkonzertes der Stadtkapelle Hammelburg unter der Leitung von Hubert Hoche Zeuge der Uraufführung des Stückes „Treffpunkt 4/4/3" des Komponisten Udo Diegelmann sein. „Europa einmal anders" hieß das Motto, das sieben Länder klangvoll repräsentierte.
Eine Uraufführung ist ein feierlicher und durchaus ernster Akt. Diese zielte aber ebenso ganz bewusst auf die Erheiterung des Publikums ab. Durch den Rollentausch von Bläsern und Schlagzeugern an ihren Instrumenten und den Einsatz von untypischen Blasinstrumenten, wie einem Fön oder Laubsauger waren die Musiker fast schauspielerisch gefordert. So überraschte der Frankfurter Komponist mit einem zeitgenössischen Stück inklusive, „humorvollen Tendenzen", wie der Komponist und freie Musiker selbst betonte. Der Titel „Treffpunkt 4/4/3" spiegelt die wechselnden Taktarten wider.
Minimal Music
„Treffpunkt heißt es auch deswegen, weil verschiedene Musikrichtungen aufeinander treffen", bemerkte der Künstler, der von der „Minimal Music", die sich in den 60er und 70er Jahren in den USA entwickelte, inspirieren ließ und im Stück selbst am Marimbaphon, einem xylophonartigen Instrument, aktiv mitwirkte. So wurden Rhythmus und Melodie verschoben oder gegeneinander gesetzt und die warmen Töne des Marimbaphons mit dem strengen Orchesterklang konfrontiert.
Dass ausgerechnet die Stadtkapelle Hammelburg dieses Stück zum ersten Mal zum Besten brachte, ist dem Kontakt des Komponisten zum Dirigenten Hubert Hoche zu verdanken. Die beiden lernten sich vor Jahren auf Musikveranstaltungen, wie den Weimarer Frühjahrstagen, kennen und arbeiten schon einige Zeit zusammen. So entstand die Idee einer modernen und gelungenen Komposition für ein Blasorchester. Mit großem Applaus würdigte das Publikum den Höhepunkt des Abends.


Main-Echo, 14.11.2006

Musik mit Fön und Laubsauger

Der neue Dirigent Hubert Hoche gibt seine Visitenkarte ab

Von unserer Mitarbeiterin BARBARA OSCHMANN

HAMMELBURG Eine beeindruckende Visitenkarte gab die Stadtkapelle Hammelburg bei ihrem Herbstkonzert im Heinrich-Köppler-Haus ab. Mit ihrem neuen Dirigenten Hubert Hoche bot sie vor gut besetzten Rängen eine musikalische Rundreise durch Europa.
„Ein tolles Konzert. Das war mal etwas ganz anderes", schwärmen zwei Konzertbesucher auf dem Nachhauseweg. Und in der Tat sind ganz ungewohnte Klänge zu hören. So bei der Uraufführung von Udo Diegelmanns „Treffpunkt 4/4/3". Der Komponist des Stückes, selbst anwesend, spielt das Marimbaphon. Die Station Deutschland bildet somit den musikalischen Höhepunkt der Europareise.
Denn Rollentausch ist angesagt zwischen Blas- und Schlaginstrumenten, was an diesem 11.11. durchaus als kleine Hommage an den Faschingsauftakt verstanden werden darf.
Schon beim Auflegen der großformatigen Partitur lacht Dirigent Hoche mit seinen Musikern und meint: „Des is scho ä Pfund!"
Die erstaunten Zuhörer beobachten nun, wie die Blasmusiker durch Klopfen auf ihre Mundstücke den Rhythmus vorgeben. Udo Diegelmann lässt seine Klöppel zunächst links liegen und entlockt seinem Marimbaphon Töne durch Anblasen der hölzernen Klangkörper. Die Schlagzeuger tun es ihm nach, nur nehmen sie neben der Atemluft noch Fön und Laubsauger zu Hilfe.
Die Komposition lässt schließlich alle wieder zu ihrer gewohnten Spielweise zurückkehren, die Betonung bleibt jedoch auf der Rhythmik. Alle Register schwellen zu voller Lautstärke an, bevor das Marimbaphon einen Solopart hat. Weiche, warme Töne tropfen nun in den Saal, allmählich wieder begleitet durch Fagott und Posaunen, bis alle Instrumente nach und nach wieder einsteigen. Den Schluss bilden wie eingangs die Schlaginstrumente, die durch Anblasen zum Klingen gebracht werden. Dass das Experiment mit
diesem ungewöhnlichen Stück gut angekommen ist, zeigt der langanhaltende Applaus eines begeisterten Publikums.

Die Stadtkapelle bietet an diesem Abend anspruchsvolle, symphonische Blasmusik und bei allem einen sehr homogenen Klangkörper.  Die Idee einer europäischen Reise geht auf die Jubilarin Europa-Union Hammelburg (50 Jahre) zurück. So stimmt am Ende der ganze Saal in die Europa-Hymne „Freude schöner Götterfunken" mit ein.

Rohrblatt:

5. Klarinetten Symposium in Dresden, Musikhochschule

Konzert am 30. 9. 2006
Uraufführung der Komposition: Im Traumstrom für Es-Klarinette, (Kontra-)Bassklarinette, Klavier und Schlagzeug von Udo Diegelmann

Mühlheimer Stadtpost v. 17.10.01

Das GFKM Orchester im Musikalischen Herbst der Mühlenstadt

zu Rosauros Konzert für Marimba und Orchester

...Das davor aufgeführte Konzert für Marimbaphon und Streichorchester zeichnete sich durch den hervorragenden Solisten Udo Diegelmann aus, der mit vier Schlägeln sein Instrument in schwierigen Tonfolgen und oft schnellen Tempi souverän beherrschte, wobei die Streicher des GFKM Orchesters, besonders die erste Geigerin Mimi Heinze, gekonnt assistierten.


Fuldaer Zeitung vom 18.06.2001

Skurriles in Klang und Wort

„Chateauphonie“ in Schloss Fasanerie begeisterte


Von unserem Redaktionsmitglied
Erika Dingeldey

Eichenzell-Adolphseck
Was ist eine Chateauphonie? Der originelle Wortmix steht für eine nicht weniger originelle Collage aus Musik und Texten, die ein Schloss und seine Geschichte auf ungewöhnliche Weise zum Klingen bringen.
Wie das geht und wie eindrucksvoll das sein kann, konnte man vor kurzem in Adolphseck erleben: Drei Künstler aus Frankfurt hatten eingeladen zu einer Führung der besonderen Art durch Schloss Fasanerie. Und alle, die sich auf dieses Angebot eingelassen hatten, erlebten einen unvergesslichen Abend.
Töne, Klänge und Worte lockten die kleine Gruppe der Zuhörer vom Innenhof in die Eingangshalle, wo Erzählerin Ruth Fühner mit Zitaten des Freiherrn Schenk zu Schweinsberg die Vergangenheit des fürstbischöflichen Schlosses lebendig werden ließ. Udo Diegelmann, ein gebürtiger Fuldaer und ein Könner an den Schlaginstrumenten, zeigte seine Meisterschaft in musikalischer Skurrilität. Fremdartig-schön ertönte seine Klangskulptur, witzig und faszinierend seine Rollomusik mit Jalousie-Kurbel, Becken und Violine, rhythmisch mitreißend schmerzhaft die „Zwischenwelt“ mit singender Säge und Knarre, die Tafelaufsatzmusik, die im Fuldischen als Karfreitagsratsche bekannt ist.
Zusammen mit der Posaunistin Annemarie Roelofs führte der Percussion-Künstler die Gäste durch das Schloss, das sich an diesem Abend in sanfter sommerlicher Schönheit präsentierte.
Vom Antiquarium, wo Edgar Allan Poe literarischer Begleiter war, ging es mit zartem Glockenspiel zur Kaisertreppe, auf der unter hohem Gewölbe die Pauken gewaltig erklangen und die Gäste zu feierlichem Schreiten verführten. Nächste Station war der große Festsaal, in dem Posaune und Tam-Tam warteten, ehe der Meister der Schlag- und Trommelstöcke zu den leichten Besen griff und den goldenen Tafelaufsatz zum vielseitigen Rhythmusinstrument umfunktionierte.
Höfisches Zeremoniell und Jagdszenen bestimmten den Klangraum im so genannten Reihersaal. Johann Sebastian Bach hätte seine Freude gehabt an der für Violine und Marimbaphon umgearbeiteten Invention Nr. 13 und der grandiosen Marimbaphon-Deutung seines Präludiums. Erzählerin Ruth Fühner baute mit Joseph von Eichendorff, Kafka und Sigmund Freud Luft- und Traumschlösser; und zu hören war auch, was man unter einer Reiherbeize zu verstehen hat.
Der Audienzsaal im abendlichen Dämmerlicht war Edgar Allan Poes Schauererzählung vorbehalten; auch hier ergänzten sich Schlossgeschichten und Klänge und wurden zur Chateauphonie.
Das Finale vereinte die Besucher im Park, wo im chinesischen Pavillon mit herrlichem Blick auf Schloss Fasanerie Udo Diegelmann und Annemarie Roelofs mit Drum-set und Posaune einen fetzigen Abschied jazzten.
Fasanerie entließ beglückte Besucher; von Traum-, Luft- und dem echten Schloss als Klangraum tief beeindruckt.


Giessener Anzeiger, 2.10.1999

Selbst ein quietschender Stuhl stiess auf Interesse der Künstler

Sitzweise-sinnlich: Im Löbers rückt ein Gebrauchsmöbel in den Mittelpunkt

-Umrahmt wurde das Programm eindrucksvoll durch die musikalischen Einlagen von Udo Diegelmann.

Während er auf dem Marimbaphon Fingerfertigkeit bewies und ein besonderes Rhythmusgefühl für seine Kompositionen, die im Hintergrund von Tonbandaufnahmen unterlegt wurden, überraschte er die zahlreich erschienenen Gäste mit musikalischen Variationen über die Stuhlobjekte. Zusammen mit der Journalistin Ruth Fühner gestaltete er eine Wort-Klang Collage der besonderen Art.

Mit Plastiklöffeln und einem Geigenbogen musizierte Diegelmann auf einem Saitenstuhl. Zur rhythmisch vorgetragenen Geschichte des Zappelphillips, der nicht ruhig sitzen bleiben konnte, nutzte der Musiker eine Metallbank als Schlaginstrument. Selbst das Quietschen von Arm und Rückenlehne eines vermutlich nicht geölten Stuhls verarbeitete er in der Performance mit Ruth Fühner, die sachliche oder poetische Texte durch verschiedene Betonungen gekonnt vortrug. Der etwas andere und unübliche Gebrauch der Sitzgelegenheiten begeisterte die Zuschauer und erreichte an diesem Abend, was alle Künstler und Autoren beabsichtigten: ein simples Möbelstück in den Mittelpunkt unseres Bewusstseins zu rücken.

Giessener Allgemeine, 2.10.1999

Thema Sitzen-vom Heiligen Stuhl bis zum Knast

-Als Bestandteile einer geplanten orchestralen Installation dienten Gerhard Burks Stuhlobjekte dem landesweit bekannten Schlagzeuger und Percussionisten Udo Diegelmann als Instrumente.Variationen für Klangskulpturen in Stuhlform zeigte einen Stahlrohrstuhl mit Saitenbespannung, dem durch Anschlagen und Mit- dem-Bogen-streichen, Töne entlockt wurden. Sodann das zweite Objekt aus Metallblech, das, mit Trommelstöcken und kleinen Hämmerchen zum Klingen gebracht, mit dem Drehstuhl aus Holzflächen und Metallgestell nur noch die Sitzfläche gemeinsam hatte. Dieser Dritte quietschte sich buchstäblich mittels sensibler Drehbewegungen einen ab. Ruth Fühner setzte ihre vielseitige Begabung als Sängerin und Rundfunksprecherin ein. Ihr war der Stehpultstuhl und eine aufrechte Rolle zugedacht, während ihr Partner das Sitzen in die Performance miteinfliessen liess.

Zuvor hatte Diegelmann bereits mit zwei Werken aus dem Bereich der Minimalmusic für Marimbaphon und Tonband, Kostproben seiner Fingerfertigkeit abgeliefert.

Dillenburger Zeitung vom 21.5.1997

Musikexperiment fand aufmerksames Publikum

Den Schluss des Konzertes bildete eine Uraufführung des Schlagzeugers Udo Diegelmann: FellZeitBänder. Dieses Werk für Countertenor, 5 Fellinstrumente und Tonband ist in Werk der Minimal -Art. Während das Tonand die rhythmische Vorgabe wiederholt, begann Udo Diegelmann mit seinen Instrumenten eine Phasenverschiebung zu diesem Rhythms, so dass sich Überlagerungen ergaben. Der vom Countertenor vorgetragene Text bezog sich inhaltlich auf das Wesen dieser Meditationsmusik: Zeit im Fluss der Veränderung.... Ein die Zuhörer packendes Werk, bei dem sich Sänger und Schlagzeuger in enormer Konzentraton ergänzten. Die Zuhörer dankten am Schluss mit ihrem Aplaus für ein Konzert, das durch seine Vielschichtigkeit und Farbigkeit beeindruckte und das durch hohe Professionalität und einer konzentrierten Ausführung, fast schon einer Besessenheit bestach.